Als Teilzeitvegetarierin will ich wissen, wie sich die Slow Food Philosophie in den tierischen Lebensmitteln widerspiegelt. Ich frage mich: Welche Alternativen zum konventionellen Betrieb kann ich hier bei der Slow Food Messe in Stuttgart finden? Ich suche gezielt nach Ständen mit Fleisch oder Käse und ich werde auch fündig.
Auf der Suche nach Beispielen für eine artgerechte Tierhaltung
Ich finde den Stand des Hofguts Silva, welcher Schweine züchtet. Diese Tiere dürfen wirklich ein schönes Schweineleben führen. Sie sind immer draußen, sowohl im Sommer als auch im Winter. Der Erzeuger erzählt mir, dass sein Fleisch aus diesem Grund sehr fetthaltig ist. Das muss es auch sein, denn so können die Schweine auch im Winter draußen leben. Andere Betriebe wiederum verhindern es, dass sich zu viel Fett im Fleisch ansetzt, indem die Tiere immer im Stall bleiben und genau kontrolliert wird, was sie als Futter bekommen. Im Hofgut Silva nicht; das Schwein sucht im Wald nach Essbarem und isst schließlich was es findet: Gräser, Insekten, Nüsse, etc. Zusätzlich werden die Tiere noch mit einer Getreidemischung gestärkt. Für diesen Erzeuger sind seine Tiere Lebewesen und nicht nur Produkte.
Ein paar Meter weiter befindet sich der Stand des Fördervereins Hinterwäldervieh e.V. Dies ist gleichzeitig auch der Name jener Rinderrasse, die sich an die Bedingungen im Schwarzwald so gut angepasst hat. Die Tiere sind hier Landschaftspfleger. Ihre Ernährung enthält viele Pflanzenteile und Grünes von der Weide. Die Kühe dürfen draußen sein und das nicht nur im Sommer. Ich bekomme ein Stück Trockenfleisch zum Probieren. Es schmeckt sehr gut und hat einen sehr besonderen Geschmack. Als Teilzeitvegetarierin kann ich sagen, dass dies hier einer der Fälle mit hochwertigem Fleisch und artgerechter Tierhaltung ist, wo es die Ausnahme wert war.
Ich habe mehrere Stände mit Käse besucht. Auf allen bekam ich zu hören, dass die Kühe oder Ziegen Zugang zur Weide haben. Die verschiedenen Käsesorten die ich probieren durfte, waren sehr aromatisch. Einer der Austeller hat mir erzählt, dass das fantastische Aroma und der Geschmack mit der Tatsache zu tun haben, dass die Tiere viel Grünfutter fressen. Ein Stück Käse habe ich mit nach Hause genommen, um dieses in aller Ruhe genießen zu können.
Kühe vom Aussterben bedroht: Kann sich das jemand vorstellen?
Zwischen den Ständen finde ich eine interessante Info: Manche Rinderrassen sind vom Aussterben bedroht. Dies ist keine Zukunftsvision, sondern bereits harte Realität. Wenn manche Rinderrassen für die Bauern nicht mehr von Nutzen sind, dann werden diese nicht mehr vermehrt. So kam es, dass in Deutschland das Limpurger Rind bereits als ausgestorben galt. Nachforschungen ergaben aber, dass noch 56 Rinder lebten. In Italien ist etwas Ähnliches passiert: Dort war die Varzese Rasse betroffen und im Jahr 2004 gab es nur noch 35 Tiere. Sowohl in Italien als auch in Deutschland gibt es unabhängig voneinander Versuche, die erwähnten Rassen zu retten. Mit Erfolg: Heutzutage zählt man in Deutschland fast 500 Limpurger Rinder und in Italien 250 Varzese Rinder.
Investitionen: Das Landhuhn-Darlehen
Die Eierproduktion bringt die Eintagsküken mit sich. Geschlüpft und direkt danach getötet. Laut Öko-test (April 2015) sind es in Deutschland 21 Millionen männliche Küken pro Jahr, denen dieses Schicksal widerfährt. Beim Stand von Herrmannsdorfer ergibt sich während der Unterhaltung das Thema Eier. Ich will es genau wissen. Gibt es hier auch Eintagsküken? Während des Fragens habe ich schon Angst vor der Antwort. Aber das brauche ich hier nicht zu haben. Die Dame antwortet mir, als ob es das Selbstverständlichste wäre: Die männlichen Küken dürfen bei uns weiterleben. Ich freue mich, zu erfahren, dass es also tatsächlich auch anders geht. Sie erzählt mir, dass aus den Küken Suppenhühner werden, die sogar bis zu zwei Kilo auf die Waage bringen können. Die Hühner dürfen hier auch Hühner sein: Sie sind draußen und dürfen im Boden picken.
Aber wie schaffen sie das? Ist das nicht unprofitabel? Nun, dieser Bauernhof hat das Lahnhuhn-Darlehen ins Leben gerufen. Was? Ich muss nochmals nachfragen, denn ich glaube, ich habe mich verhört. Wie bitte? Ja, durch die Einbeziehung von Investoren finanziert sich das Projekt „Herrmannsdorfer Landhuhn.“ Mit dem Geld wurden zum Beispiel die mobilen Ställe gebaut. So sind die Hühner immer dort, wo Frisches wächst.
Die Dame erzählt mir weiter von dem Bauernhof. Ich könnte darüber einen ganzen Beitrag schreiben. Aber kurz gesagt: Es ist ein Bauernhof, wie aus Bilderbüchern für Kinder. Übrigens, Kinder dürfen zu Besuch kommen, dort übernachten und das Landleben erfahren. Besucher sind immer willkommen. Man muss nur auf die Termine für öffentliche Führungen achten.
Fazit
Bei der Slow Food Messe habe ich herausgefunden, dass es in der Tierhaltung Alternativen gibt – die konventionelle Haltung im Stall muss nicht unbedingt sein. Ich kann es nicht beeinflussen, wie die Züchter arbeiten, aber ich kann beeinflussen, was ich als Kunde einkaufe. Und wenn immer mehr Leute darauf achten, ändert sich der Markt und irgendwann denkt vielleicht auch der konventionelle Züchter um.